Montag, 6. August 2012

#12

Er schreibt mich nicht an. Er schreibt mich nicht an. Ich weiß, dass es kindisch ist, sich darüber aufzuregen, aber trotzdem tut es weh wie sonst nichts. Müde lasse ich mich auf den kalten Boden des Kellerraumes sinken, in dem ich Aufnahmen von mir mache, na ja, Aufnahmen ist nicht ganz das richtige Wort, irgendwie treffe ich heute keinen einzigen Ton, meine Stimme klingt scheiße und ich fühle mich wie ein beschissener Haufen Dreck. Und Dreck gehört hier nicht hin. Alberne, übertriebene Tränen füllen meine Augen, ich will das hier nicht mehr. Ich will nicht mehr. Nicht mehr sehen müssen, dass ich Dorian einen feuchten Kehricht interessiere, nicht mehr sehen müssen, dass es nicht einen netten Kerl auf der Welt gibt, der sowas wie mich mag, nicht mehr sehen müssen, dass alle anderen Menschen mehr wert sind, als ich. Und vor allem nicht mehr sehen müssen, dass ich im Grunde genommen nicht mehr bin, als der hässliche, dicke Pausenclown, der alle erheitert, aber den niemand so wirklich vermisst, wenn er weg ist. Kann man mich bitte nicht einfach erlösen? Blöde Tränen. Verschwindet. Bitte. Sonst muss ich euch wegschneiden. Meine Finger tasten über die staubigen Fliesen, keine Rasieklingen, keine Nagelschere... und jetzt? Ich stehe langsam auf, laufe durch den Raum, betrete das Zimmer, in dem mein Vater früher Holzsachen gebastelt hat. Tatsächlich liegt eine einsame, schön spitze Schraube auf dem Tisch, als habe sie eine Bestimmung, als warte sie darauf, ihren Zweck zu erfüllen. Vorsichtig nehme ich sie und fahre lächelnd über die Windungen. Sie ist wunderschön... in dem Moment, da die Spitze meine Haut zerkratzt und durchtrennt, kann ich lächeln. Gleichzeitig zwar auch weinen, aber immerhin lächeln. 
 

#11

Leerer Kopf... voller Bauch... verwirrtes Herz...




Sonntag, 5. August 2012

#10

Meine Eltern rufen uns zum Kaffee. Es gibt schwedischen Buttermandelkuchen oder wie der heißt, 50% Zucker, der Rest Eier und Sahne. Schon bevor ich in der Küche bin, gibt es Streit und Tränen, wie immer, wenn wir alle beisammen sind. Meine Mutter meckert sofort rum und ich überlege ernsthaft, ob ich nicht einfach wieder gehen soll... aber nein. Wahrscheinlich würde ich damit größeren Ärger kriegen, als meine beiden kleinen Brüder, die sich wegen eines Glases oder whatever gekloppt haben. 
Wir sitzen am Tisch, Okko, mein kleinerer Bruder, meine Mutter, mein Vater und ich. Während meine Mutter den Kuchen verteilt, pressen sich meine Lippen wie von selbst immer weiter zusammen und als schließlich ein Stück vor mir auf dem Teller landet, sage ich nur, dass ich keinen Kuchen möchte. Prompt regt mein Vater sich auf und meine Mutter fängt an zu heulen. Ich kann nicht umhin, sie mit einer gewissen Gehässigkeit beim Essen zu beobachten... mein  Vater sollte besser auf den Kuchen verzichten, irgendwann platzt er noch, zumindest sieht er immer dicker aus... und lächerlicher... und meine Mutter? Arme dicke Frau, wie sie weinend ihren Kuchen verspeißt, mit fettigen Haaren und zu engen Klamotten... Ich trinke meinen Tee und bin stolz auf mich. Ich esse keinen Kuchen, nein. Ich schaffe es, ganz dünn zu werden, meine Beckenknochen werden 10 cm herausragen und man wird ein Lineal zwischen sie und meine Rippen stecken können. "Hast du deinen Kuchen schon auf?", die Stimme meines Vaters unterbricht meine herrlichen Träume. Ja, hat sie. Wenn man traurig ist, kann man besser fressen. "Ich habe auch eine ganze Ecke vor dir gefrühstückt." Ich könnte kotzen, vor Ekel vor dieser von Ausreden und Uneinsicht durchtränkten Aussage. Wie sie alle lügen und sich selbst betrügen... Es ist ein herrlich abscheulicher Traum.

#9

Hunger bohrt sich durch meine Eingeweide, es fühlt sich an, als würde ich von innen her zersägt. Ich habe doch etwas gegessen. Mein Magen knurrt wie ein wütendes Ungeheuer, es lechzt nach widerlichen Kalorien, die mich noch fetter werden lassen, fetter, fetter, fetter, bis ich irgendwann so fett bin, dass ich platze. Alle Teile von mir werden in alle Himmelsrichtungen fliegen und kein Schwein wird es interessieren. Die einzige Frage, sie sie sich stellen werden, wird sein: 

" Und wer macht die Sauerei hier jetzt wieder weg?!"

Samstag, 4. August 2012

#8

Auch nett, wenn du die gerade  Apfel-Mango-Mark von Rossman geholt hast, es isst und deine Mutter dich anguckt und sagt "Also das sieht aus wie 'ne Stuhlprobe ausm Altenheim"...

Freitag, 3. August 2012

#7


Das schlimmste und gefährlichste, was es auf der Welt gibt, sind Gefühle. Keine Droge kann dermaßen berauschen, keine Krankheit so zerstören. Daher wäre die sicherste Methode, Gefühle nicht erst zuzulassen, aber wer schafft das schon? Niemand. Man kann nichts tun, ist machtlos. Die einzige Rettung ist Tod. Ohne Leben keine Gefühle.
Wieso? Wieso musste ich das machen? Wieso habe ich alles kaputtgemacht? Wieso bin ich so dumm? Wieso habe ich alles zugelassen?, geht mir durch den Kopf, während ich mich beruhige, auf meine Weise. Ja, es ist nicht richtig. Ja, es ist nicht normal. Ja, man sollte niemals damit anfangen, egal, wie furchtbar das Leben ist. Aber es hilft. Langsam, beinahe zärtlich gleitet die Rasierklinge über meine linke Schulter. Durchtrennt sanft die Haut, die die tintenblau schimmernden Adern bedeckt. Der Schmerz steigert sich, stetig und süß… danach geht die Stelle für einige Sekunden in Flammen auf. Mit klaren Bewegungen, kontrolliert, zeichne ich ein Muster in meine Haut. Rot und weiß. Über das alte. Eine Zeit lang habe ich die verheilten Stellen nachgezogen, aber das hatte nie dieselbe beruhigende Wirkung. Jetzt schmücken mich zarte, verschlungene Linien, die durchaus Ähnlichkeit mit alten Ornamenten haben, sie könnten auch Tatoos im Gothicstil sein. Wunderschön.

Donnerstag, 2. August 2012

#6




"Ohne dich wären die Gefühle von heute nur die 
 leere Hülle der Gefühle von damals."